Beschädigung des Gutes vor Übernahme

Inhalt

    Ausgangslage

    Ein Frachtführer wurde mit dem Transport von drei elektronischen Schaltschränken beauftragt. Während der Verladung kam es, als der Fahrer den Schaltschrank auf die Hebebühne seines Lkw stellen wollte, zur Beschädigung eines Schaltschranks. Der Absender begehrte nun Schadenersatz. Da der Fahrer bei der Verladung mithalf und auch den Schaltschrank auf die Hebebühne verbrachte, stellte sich im gerichtlichen Verfahren die Frage, wer für Schäden aus diesem Verladevorgang haftet. Insbesondere ging es darum, ob der Obhutszeitraum des Frachtführers bereits begonnen hat bzw. ob die Verladung bereits zu diesem Obhutszeitraum gehört.

    Haftungszeitraum des Frachtführers

    Gemäß den Vorschriften der CMR haftet der Frachtführer für Schäden, die während dessen Obhutszeitraum entstehen. Der Obhutszeitraum beginnt grundsätzlich mit der Übernahme der Güter und endet mit der Ablieferung beim Empfänger. Im gegenständlichen Verfahren stellte sich nach der Argumentation des Absenders jedoch die Frage, ob der Obhutszeitraum des Frachtführers nicht bereits während der Verladung begann, weil der Fahrer den Schaltschrank in seine Obhut nahm, um diese auf den Hubwagen zu stellen.

    Verladung Sache des Frachtführers?

    Weder das UGB noch die CMR regeln, wer zur Verladung verpflichtet ist. Haben die Parteien des Transportvertrages keine anderweitige Vereinbarung getroffen, obliegt die Verladung daher nach herrschender Ansicht „im Zweifel“ dem Absender. Dies ist darauf zurückzuführen, dass der Frachtführer grundsätzlich nur die Beförderung schuldet und die Verladung somit eine zusätzliche Leistung darstellt, die gewöhnlich nicht vom Frachtvertrag umfasst ist. Bei der Haftung für Schäden, die während der Verladung oder aufgrund einer mangelhaften Verladung eintreten, stellen jedoch sowohl die österreichische als auch die deutsche Judikatur darauf ab, wer die Verladung tatsächlich durchgeführt hat und die Oberaufsicht über den Verladevorgang hatte, wer also „Herr des Verladevorgangs“ war bzw. – in Deutschland – die „Hoheit über die Verladung“ hatte.

    Haftet der Fahrer, wenn er mithilft?

    Im vorliegenden Fall wurde keine vertragliche Vereinbarung betreffend die Verladung getroffen. Nach der Zweifelsregel war daher der Absender für diese verantwortlich. Gegenständlich half der Fahrer bei der Beladung zwar mit, indem er die schlussendlich beschädigte Palette selbst auf die Hebebühne stellte – der Frachtführer haftet jedoch dennoch nicht für den Schaden, weil er keine vertragliche Pflicht zur Verladung übernommen hat. Der Umstand, dass der Fahrer bei der Verladung mithalf, schadete ihm daher nicht, da der Fahrer in einem solchen Fall als Erfüllungsgehilfe des Absenders anzusehen ist. Schließlich ist der Absender im gegenständlichen Fall zur Verladung verpflichtet und sind somit alle Personen, die bei der Verladung mithelfen, dem Absender zuzurechnen. Dies gilt auch, wenn diese Person (Fahrer) Angestellter des Frachtführers ist. Zusammengefasst haftet somit grundsätzlich der Absender für die Verladung, wenn vertraglich nichts Gegenteiliges vereinbart ist. Nur wenn der Fahrer nicht zur Verladung verpflichtet ist und die Verladung dennoch selbst als „Herr des Verladevorgangs“ durchführt und somit die Oberaufsicht über den Verladevorgang hat, kommt eine Haftung des Frachtführers in Betracht. Im gegenteiligen Fall half der Fahrer bei der Beladung lediglich mit und war somit als Erfüllungsgehilfe des Absenders zu behandeln.


    Erschienen im Transporteur 02/2023

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