Kühltransporte ohne Tunnelblick

Inhalt

    Bereits geringfügige Abweichungen von der vorgeschriebenen Transporttemperatur können zur Haftung des Frachtführers führen. Im Schadensfall muss der Beweis erbracht werden, dass alle zumutbaren Maßnahmen zur Auswahl, Instandhaltung und Verwendung der Kühleinrichtungen ergriffen wurden.

    Der Frachtführer haftet für alle Schäden am Frachtgut, die zwischen Übernahme und Ablieferung eintreten. Damit es bei temperaturgeführten Transporten nicht zu Schäden kommt, muss die Einhaltung der vorgeschriebenen Temperatur sichergestellt werden. Wenn es Unklarheiten oder Widersprüche bei Temperaturvorgaben im Frachtbrief einerseits und dem Transportauftrag andererseits gibt, muss der Frachtführer diese Unklarheiten aufklären und dazu gegebenenfalls mit dem Auftraggeber Kontakt aufnehmen, bevor der Transport durchgeführt wird. Dies gilt ebenso in Fällen, in denen auf der Verpackung des Frachtgutes andere Temperaturvorgaben vermerkt sind, als im Transportauftrag oder im Frachtbrief. Problematisch ist die Einhaltung der richtigen Transporttemperatur, wenn unterschiedliche Güter transportiert werden. Auch hier ist im Zweifel immer mit dem Auftraggeber Rücksprache zu halten und eine entsprechende schriftliche Bestätigung der Vorgaben einzuholen. Am besten wäre es, wenn man sich derartige Bestätigungen am Frachtbrief vermerken lässt.

    BETRIEBSMODUS

    Immer wieder kommt es auch zu Schäden, weil der falsche Betriebsmodus eingestellt ist. Wenn statt „Dauerlauf“ auf „Start-Stopp-Betrieb“ geschaltet ist, kann das mitunter bei sensiblen Gütern schadensursächlich sein. Bei einem Transport im „Start-Stopp-Betrieb“ startet das Kühlgerät erst dann automatisch, wenn das Heizen oder Kühlen erforderlich ist und es stoppt, wenn die Temperatur den Sollwert des Reglers erreicht. Das Problem besteht bei allen Transporten von verderblichen Gütern. Der Hintergrund liegt darin, dass warme Lu! bekanntlich aufsteigt und sich die Temperatursensoren im Sattelauflieger an der Decke befinden. Bei niedrigen Außentemperaturen sammelt sich kalte Luft im unteren Bereich der Ladefläche, während im oberen Bereich des Kühlsattelaufliegers, wo sich die
    Kühlsensoren befinden, wärmere Temperaturen durch die aufsteigende warme Luft vorherrschen können. Durch diesen Temperaturunterschied bzw. dadurch, dass im oberen Bereich des Sattelaufliegers, wo sich die Temperatursensoren befinden, warme Luft herrscht, schaltet sich das Kühlaggregat im Start-Stopp-Modus auch dann nicht ein, auch wenn im unteren Bereich bereits Temperaturunterschreitungen vorliegen. Dies ist der Grund, dass bei sensiblen (verderblichen) Frachtgütern meist der Betriebsmodus „Dauerlauf“ vorgegeben wird.

    In den Gebrauchsanweisungen der Kühlaggregate wird meist ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der „Start-Stopp-Betrieb“ ausschließlich für den Gebrauch mit Produkten konzipiert ist, die keine strenge Temperaturregelung oder kontinuierlichen Luftstrom benötigen. Dazu
    zählen Tieffühlprodukte sowie unverderbliche, nicht gefrorene Waren. In vielen Schadensfällen stellt sich heraus, dass die Fahrer oft nicht ausreichend informiert sind. In vielen Transportaufträgen wird dem Frachtführer vorgeschrieben, bei der Beladung die Übernahmetemperatur zu kontrollieren und bei Abweichungen die Beladung zu stoppen oder Weisungen einzuholen. Wenn der Frachtführer im Schadensfall nachweisen kann, dass eine unzureichende Vorkühlung schadenskausal war, ist die Haftung des Frachtführers ausgeschlossen. In vielen Fällen wird das Frachtgut aus dem Kühlhaus zur Laderampe gebracht. Bei einer höheren Umgebungstemperatur ist die ausreichende Vorkühlung nicht mehr gewährleistet. In diesen Fällen sollte der Frachtführer diesen Umstand, dass das Frachtgut nicht direkt aus dem Kühlhaus gekommen ist und beispielsweise bei höheren Umgebungstemperaturen gelagert war, auf dem Frachtbrief vermerken. Ein Foto, die die Übernahmemessung dokumentiert, wäre auch hilfreich.

    Beim Verderb von Gütern durch Mängel an der Kühlanlage des Fahrzeuges, besteht eine Haftung für vermutetes Verschulden des Frachtführers hinsichtlich der Kühlanlage. Der Frachtführer muss beweisen, dass die Kühlanlage ausreichend dimensioniert und funktionstüchtig war. Weiters hat der Frachtführer zu
    beweisen, dass er während des gesamten Transportes die Kühltemperatur ständig überwacht hat. Das unkontrollierte Abstellen des Kühlfahrzeuges für zwei Tage, entspricht nicht dem Sorgfaltsmaßstab eines ordentlichen Frachtführers (OLG Hamburg, 2.5.1985-6U206/84). Mängel am Fahrzeug müssen unverzüglich repariert werden. Teilweise wird von der Rechtsprechung sogar gefordert, dass der Transport so einzuteilen ist, dass bei einem Ausfall der Kühlanlage rechtzeitig ein Kühlhaus erreicht werden kann (vgl. Thume, CMR-Kommentar, Art. 17, Rz 199f).

    SCHWERES VERSCHULDEN

    Ein schweres Verschulden gemäß Art. 29 CMR liegt vor, wenn dem Frachtführer ein schwerwiegender Sorgfaltsverstoß vorzuwerfen ist. Wenn die Temperaturvorgaben missachtet werden, während des Transportes keine laufenden Temperaturkontrollen durchgeführt werden, ein falscher Betriebsmodus eingestellt ist, oder ein sehr mangelhaftes Fahrzeug eingesetzt wird, kann ein derartig schweres Verschulden vorliegen (vgl. OGH, 6Ob361/97z).


    Erschienen im Stragü 04/2015

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