In-disponierte Ladungsveruntreuung

Inhalt

    Wenn „die Dispo“ nicht ordnungsgemäß funktioniert und sich dadurch ein schwerer Betriebsmangel „einschleicht“, kann im ungünstigsten Fall die Versicherung aussteigen. Besonders schwere Fehler unterlaufen häufig bei der schnellen Abwicklung von Aufträgen über Frachtenbörsen.

    Immer noch gibt es zahlreiche Fälle von Ladungsveruntreuungen im europäischen Straßengütergeschäft. Die Streitigkeiten mit Versicherungen häufen sich, wenn die Versicherung erkennt, dass im Unternehmen immer noch keine ausreichenden Sicherheitsvorkehrungen implementiert sind. Jede Dispo muss daher dahingehend untersucht werden, ob die Mitarbeiter auf diese Thematik entsprechend sensibilisiert sind. Seitens der Geschäftsführung müssen – vorzugsweise schriftliche – Anweisungen an alle Mitarbeiter, die mit der Vergabe von Transportaufträgen an Subunternehmer beschäftigt sind, erteilt werden. Die Einhaltung der vorgegebenen Weisungen müssen ständig überprüft werden.

    AKTUELLE RECHTSSPRECHUNG

    In einem konkreten Anlass wurde vom Oberlandesgericht Linz die Auffassung vertreten, dass den Unternehmer eine besondere Kontrollpflicht trifft, insbesondere wenn sich bereits vorher ähnliche Ladungsveruntreuungen ereignet haben. Es muss im Unternehmen klare Anweisungen dahingehend geben, keine Dokumente in einer für das Unternehmen nicht verständlichen Sprache anzunehmen bzw. solche zumindest vorher bekannten Unternehmen zur Kontrolle zu übersenden. Bei Zweifeln oder Widersprüchen hinsichtlich der angegebenen Telefonnummer, E-Mail-Adresse, Unternehmenssitz, Firmenwortlaut etc. müssen weitere Nachforschungen erfolgen. Zumindest müssen konkrete Vorgaben zur weiteren Überprüfung im Unternehmen an die Mitarbeiter festgelegt sein. Die Richtigkeit der Daten muss zwingend einer Prüfung unterzogen werden und gegebenenfalls müssen Nachfragen getätigt
    werden. Überlässt der Unternehmer (=Versicherungsnehmer) seinen Mitarbeitern die Prüfung unbekannter Frächter und der von diesen beigebrachten (nicht lesbaren) Dokumenten ohne Nachprüfung und ohne Kontrolle, kann dies einen schweren Organisationsmangel darstellen, der den Eintritt eines Versicherungsfalles wesentlich begünstigt.

    So hat das Oberlandesgericht Linz (als Berufungsgericht) zu einer Ladungsveruntreuung festgestellt, dass ein grob fahrlässiger Sorgfaltsverstoß bei der Betriebsführung vorliegt, der den Eintritt des Versicherungsfalles erheblich begünstigt (OLG Linz 1 R 47/14h; OGH 7 Ob 157/08a). Im konkreten Fall verfügte das Unternehmen nicht annähernd über die aufgezeigten und zur Verhinderung derartiger Fälle erforderlichen Kontroll- und Überwachungsmaßnahmen. Aufgrund dieser Betriebsmängel konnten sich innerhalb kurzer Zeit mehrere gleich gelagerte Ladungsveruntreuungen ereignen. Die Versicherung konnte daher, nach Ansicht des Gerichts, die Zahlung verweigern.

    STRENGE RECHTSPRECHUNG

    Die deutsche Rechtsprechung ist sogar noch strenger. In einer Entscheidung des Landgerichts München (13 HK O 5832/14, siehe „juris Praxisreport 4/2015“) wurde der Disponent einer Spedition als deren versicherungsrechtlicher Repräsentant angesehen. Das bedeutet, dass ein schweres Verschulden eines Disponenten bereits zum Ausstieg der Versicherung führen kann. Diese Auffassung entspricht mittlerweile auch der herrschenden Rechtsauffassung in Deutschland. In Österreich führt hingegen das (alleinige) Verschulden des Disponenten nicht per se zur Leistungsfreiheit des Versicherers. In Österreich ist hingegen ein schweres Verschulden des Versicherungsnehmers und nicht seines Erfüllungsgehilfen (Disponenten, Fahrers) erforderlich. Ein schweres Verschulden des Versicherungsnehmers kann natürlich darin bestehen, dass der Betrieb mangelhaft organisiert ist und die Geschäftsführung des versicherten Unternehmens keine entsprechenden Sicherheitsvorkehrungen gegen derartige Schäden implementiert hat. Gibt es beispielsweise keine klaren Vorgaben an die Mitarbeiter, wie neue Frachtführer vor der Erstbeauftragung zu überprüfen sind, kann ein derartiger schwerer Betriebsmangel vorliegen.

    SCHRIFTLICHE VORGABEN

    Aufgrund der aufgezeigten versicherungsrechtlichen Rechtslage in Österreich und Deutschland muss sichergestellt werden, dass alle Disponenten schriftliche Anweisungen über den richtigen Umgang bei der Vergabe von Aufträgen erhalten haben. Die Überprüfung der Einhaltung dieser Anweisungen ist durch die Geschäftsführung sicherzustellen. Auf diese Weise können Sie „den Ausstieg der Versicherung im Schadensfall“ verhindern.


    Erschienen im Stragü 10/2015

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