Tachomanipulationen durch Fahrer

Inhalt

    Der Verwaltungsgerichtshof als Höchstgericht hat kürzlich ein Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark aufgehoben und den Transportunternehmer wegen Tachomanipulationen durch den Fahrer verurteilt.

    Der Beschuldigte war handelsrechtlicher Geschäftsführer eines Güterbeförderungsunternehmens. Dieses Unternehmen verfügt über Lkw, welche auf verschiedenen Standorten stehen, die bis zu 250 Kilometer voneinander entfernt sind. An dem betreffenden Tag hätte der Lkw, auf dem Gelände eines bestimmten Unternehmens in Wien abgestellt sein müssen. Es handelt sich hierbei um den Ausgangsort, an den nach der Fahrt an den Standort wieder zurückzukommen ist. Seitens des Transportunternehmens wird stichprobenmäßig überprüft, ob ein Lkw wirklich am Standort steht. Kontrolliert werden „bei den Fahrern die Kilometer und die Stunden“. Die Aufzeichnungen laufen über die digitalen Kontrollgeräte, und es muss eine Tourliste erstellt werden, „von wohin bis wohin“ die Lenker fahren. Die Schulung erfolgt bei neu aufgenommenen Lenkern betreffend Anwendung der digitalen Kontrollgeräte, Fahrtzeiten, Arbeitszeiten, Ladungsvorschriften, überdies erhält jeder Lenker ein Fahrerhandbuch. Es kommt öfters vor, dass Fahrer einen Lkw privat nützen, allerdings erst, nachdem der Transportunternehmer bzw. Dienstgeber vorher gefragt wurde. Im gegenständlichen Fall hat der Lkw-Fahrer seit zwei Wochen kein eigenes Fahrzeug gehabt, weshalb er mit dem in Rede stehenden Lkw privat zu sich nach Hause gefahren ist.

    KEINE INFO ÜBER PRIVATFAHRT

    Am betreffenden Tag hätte die Tour, die der Fahrer hätte fahren sollen, vom Gelände des Standortes in Wien bis zum Salzburger Standort geführt. Mit dem Anfahrtsweg von der Wohnung des Lkw-Fahrers in Wien wäre sich die zulässige Lenkzeit nicht ausgegangen, und so hat der Lkw-Fahrer für den Weg von sich zu Hause bis zum Gelände in Wien, was einer Fahrzeit von 15 bis 20 Minuten und 18 Kilometer Wegstrecke entspricht, einen Magneten „auf den Getriebesensor gegeben“. Auf diesem Weg von zu Hause zum Standort ist der Lkw-Fahrer zur Kontrolle angehalten worden. Der beschuldigte Transportunternehmer ist seitens des Lkw-Fahrers im Voraus nicht gefragt worden, ob dieser den Lkw privat nutzen dürfe. Durch den auf dem Getriebesensor aufgelegten Magneten wurde das digitale Kontrollgerät blockiert und zeigte nichts an, weder Lenkzeit, noch die gefahrenen Kilometer. Der beschuldigte Transportunternehmer ist weder über die Privatfahrt, noch über den Einbau des Magneten informiert gewesen.

    VERFAHRENSVERLAUF

    Der beschuldigte Transportunternehmer erhob gegen das Straferkenntnis vom Jänner 2014 Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Steiermark. Das Landesverwaltungsgericht Steiermark hat ein ausführliches Beweisverfahren durchgeführt, das Straferkenntnis wurde aufgehoben und das Strafverfahren eingestellt.

    Seitens des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz wurde mittels Revision die Entscheidung des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark allerdings bekämpft und der Verwaltungsgerichtshof als Höchstgericht angerufen. Der Verwaltungsgerichtshof hat schlussendlich den Transportunternehmer verurteilt und begründete dies (wie so oft) damit, dass kein ausreichendes Kontrollsystem zur Verhinderung von Manipulationen des Kontrollgerätes durch Anbringung eines Magneten vorhanden gewesen wäre.

    KONTROLLSYSTEM

    Der VwGH vertritt die Auffassung, dass der Transportunternehmer nicht erst aufgrund konkreter Anlassfälle, sondern von vornherein sicherzustellen hat, dass derartige Manipulationen am Tacho verhindert werden. Der Arbeitgeber muss gewährleisten, dass alle den einschlägigen Sozialvorschriften
    unterliegenden Fahrten registriert und korrekt aufgezeichnet werden. Jedenfalls muss der Unternehmer über ein Überwachungssystem verfügen, dass ihm die Übersicht darüber verschafft, wo sich seine Fahrzeuge zu einem konkreten Zeitpunkt gerade befinden bzw. die von seinen Fahrern gelenkten Fahrzeuge gerade in Bewegung sind. Daraus ist abzuleiten, dass der Fuhrpark durch ein GPS-Überwachungssystem ausgerüstet sein muss. Anhand dieses Überwachungssystems muss vom Unternehmer bzw. von den dazu eingesetzten Mitarbeitern überprüft werden, wo sich die Fahrzeuge befinden bzw. ob die von den Fahrern gelenkten Fahrzeuge bewegt werden.

    PRIVATFAHRTEN

    Der VwGH hat weiters erklärt, dass die oben beschriebene Privatfahrt des Lkw-Fahrers von seiner Wohnung zum Standort in Wien den Bestimmungen der Sozialvorschriften im Straßenverkehr unterliegt, weil nach Ansicht des Höchstgerichtes eine Beförderung gemäß Art. 4 lit a der VO (EG) Nr. 561/2006 vorliegt. Demnach gehören zur Gesamtlenkzeit bzw. Tageslenkzeit im Sinne der Verordnung alle Zeiten, in denen der VO (EG) Nr. 561/2006 sowie auch der VO (EWG) Nr. 3821/85 unterliegende Lkw von ihren Fahrern im Straßenverkehr bewegt werden.


    Erschienen im Stragü 12/2015

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