Fehlerhafte Frachtbriefe

Inhalt

    Vor allem bei „Neutralisierungsaufträgen“ müssen Frachtführer die ursprünglichen Frachtbriefe bzw. Transportdokumente austauschen, damit gegenüber dem Empfänger die tatsächliche Bezugsquelle des Händlers nicht offen gelegt wird. Dabei kommt es öfters zu Problemen und Schadensfällen.

    Ein CMR-Beförderungsvertrag ist ein Konsensualvertrag, d.h. er kann formfrei und mündlich geschlossen werden. Die Ausstellung oder Übergabe eines Frachtbriefes ist zwangsläufig nicht erforderlich. Dennoch hat der Frachtbrief aufgrund der Bestimmungen der CMR eine erhöhte Bedeutung im Transportgeschäft. Vor allem dient der Frachtbrief als Urkunde und Sperrpapier. Auch abseits der Bestimmungen der CMR kommt dem Frachtbrief Bedeutung zu. Gemäß den Bestimmungen des Güterbeförderungsgesetzes hat der Unternehmer dafür zu sorgen, dass in jedem zur gewerbsmäßigen Beförderung von Gütern verwendeten Kraftfahrzeug ein Begleitpapier, oder ein sonstiger Nachweis mitgeführt wird, in dem das beförderte Gut, der Be- und Entladeort und der Auftraggeber angegeben werden. Diese Verpflichtung kann unter anderem mit einem Frachtbrief erfüllt werden. Das Güterbeförderungsgesetz verlangt im Übrigen einen schriftlichen Nachweis. Nach Ansicht des BMVIT ist ein elektronischer Nachweis im Rahmen des GütbefG nicht zulässig (Erlass des BMVIT-167.530/0003-IV/SD5/2013 vom 28.01.2013). Der Frachtbrief muss vom Absender und vom Frachtführer unterzeichnet werden (Art. 5 Abs. 1 CMR). Damit soll die Beweisfunktion des Frachtbriefes für den Inhalt des abgeschlossenen Frachtvertrages gesichert werden. Fehlt eine dieser Unterfertigungen, liegt kein gültiger Frachtbrief vor, d.h. die in der CMR festgelegten Wirkungen treten nicht ein (Schütz in Straube, UGB, Art. 5 CMR, RZ 2). Wen die Verpflichtung zur Aufstellung eines Frachtbriefes trifft, ist in der CMR nicht geregelt. In der Praxis stellt meist der Frachtführer den Frachtbrief aus. Bei der Ausstellung des Frachtbriefes sollte allerdings besondere Sorgfalt angewendet werden, um Schadensfälle zu verhindern.

    NEUTRALISIERUNGSAUFTRÄGE

    Transportaufträge enthalten oftmals die Verpflichtung Transportdokumente zu „neutralisieren“. Der Händler will damit verhindern, dass der Empfänger seine Bezugsquelle und die Einkaufskonditionen erfährt. Aufgrund des Neutralisierungsauftrages werden Frachtbriefe/ Transportdokumente ausgetauscht. Wenn Frachtbriefe unrichtige Eintragungen enthalten, wie beispielsweise eine unrichtige Angabe der Empfängeranschrift, ist es vorprogrammiert, dass Zollbeamte eine Beschlagnahme anordnen können. Ein derartiges Problem war Gegenstand eines Frachtführerhaftungsprozesses (OGH vom 29.01.2014, 7 Ob219/13a): das Frachtgut wurde durch die rumänische Zollbehörde beschlagnahmt, weil die Identifikation des Empfängers aufgrund der vom Fahrer des Frachtführers vorgelegten Dokumente nicht möglich war. Der Fahrer hat den rumänischen Zollorganen zwei Frachtbriefe vorgelegt, in denen der Absender fälschlicherweise als Empfängerin eingetragen wurde. Durch die Beschlagnahme des Frachtgutes musste das Gut als „Verlust“ betrachtet werden.

    HAFTUNG

    Der Frachtführer haftet grundsätzlich für den Verlust des Frachtgutes. Wenn die Ware durch den Zoll beschlagnahmt wird und es unmöglich wird, die Ware wieder zu erlangen, liegt ein Verlust vor. Dasselbe gilt, wenn das Gut nicht binnen 30 Tagen nach Ablauf der vereinbarten Lieferfrist, oder falls keine Frist vereinbart worden ist, nicht binnen 60 Tagen nach der Übernahme des Gutes durch den Frachtführer abgeliefert worden ist. Auch in diesen Fällen kann der Verfügungsberechtigte das Gut als verloren betrachten. Selbst wenn es dennoch gelingen sollte, das Gut nach Ablauf dieser Fristen wiederzubekommen, kann der Verfügungsberechtigte das Gut weiterhin rechtlich als verloren betrachten. Er ist nicht gezwungen, das Gut anzunehmen (OGH vom 22.04.2014, 7 Ob 46/14m). In Ausnahmefällen kann der Frachtführer von seiner Haftung befreit sein. Dies ist dann unter anderem der Fall, wenn ein „unabwendbares Ereignis“ vorliegt. Den Frachtführer trifft aber die volle Beweislast dafür, dass es für ihn nicht möglich war, den Schadenseintritt zu verhindern, obwohl er mit äußerster Sorgfalt gehandelt hat. Wenn eine Beschlagnahme deshalb erfolgt ist, weil der Frachtbrief oder andere Transportdokumente vom Frachtführer nicht richtig ausgestellt wurden, kann der Frachtführer diese Haftungsbefreiung nicht in Anspruch nehmen.

    Umgekehrt ist festzuhalten, dass der Absender für unrichtige und unvollständige Angaben im Frachtbrief gegenüber dem Frachtführer haftet. Kommt es zu einer Überladung des Lkw aufgrund falscher Gewichtsangaben im Frachtbrief, hat der Absender dem Frachtführer Verwaltungsstrafen, Stehkosten und sonstige Vermögensschäden, die allenfalls durch polizeiliche Zwangsmaßnahmen entstehen, zu ersetzen (Art. 7 CMR).


    Erschienen im Stragü 12/2014

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