Transporteur 03/23 – Dr. Schärmer – Sicherheitsleistung oftmals unzulässig

Transporteur 03/23 – Dr. Schärmer – Sicherheitsleistung oftmals unzulässig

Wird ein ausländisches Fahrzeug bei einer Kontrolle angehalten und hierbei Verstöße festgestellt, so wird in den meisten Fällen eine Sicherheitsleistung eingehoben und die Weiterfahrt untersagt, bis diese Sicherheitsleistung bezahlt wurde. Was viele nicht wissen, ist, dass die Einhebung einer Sicherheitsleistung nur in besonderen Fällen gerechtfertigt ist und somit viele Sicherheitsleistungen zu Unrecht eingehoben werden. Kürzlich konnten wir für einen unserer Mandanten in diesem Zusammenhang erneut einen Erfolg erreichen und so wurde der Verfall einer Sicherheitsleistung für unzulässig erklärt.

Begründung erforderlich
Gemäß §37a VStG können Kontrollbeamte von Personen, die auf frischer Tat betreten werden (Verstoß wird bei der Kontrolle festgestellt), eine vorläufige Sicherheitsleistung einheben. Diese Ermächtigung ist jedoch an gewisse Bedingungen gebunden. Dies ist etwa der Fall, wenn die Strafverfolgung oder Strafvollstreckung erheblich erschwert sein könnte. Darüber hinaus ist die Sicherheitsleistung dann berechtigt, wenn die Strafverfolgung oder Strafvollstreckung einen Aufwand verursachen könnte, der gemessen an der Übertretung unverhältnismäßig wäre. Gemäß § 134 KFG dürfen die Organe der öffentlichen Sicherheit die Weiterfahrt untersagen, solange die vorläufige Sicherheitsleistung nicht bezahlt ist. Die Kontrollorgane haben im Zuge der Kontrolle im Rahmen einer Prognoseentscheidung zu beurteilen, ob die Möglichkeit einer Erschwerung der Strafverfolgung besteht. Wird eine Sicherheitsleistung angeordnet, so muss dies vom Kontrollorgan auch begründet werden können.

Ausländische Herkunft
Im gegenständlichen Fall ging die Behörde davon aus, dass die Strafverfolgung bereits deswegen erschwert bzw. unmöglich sei, da das verdächtigte Unternehmen ihren Sitz in Rumänien hat. Allein der ausländische Sitz rechtfertigt jedoch nicht die Annahme, dass die Strafverfolgung erschwert sei. Gerade bei Unternehmen mit Sitz in anderen EU-Staaten kann nicht pauschal aufgrund des ausländischen Sitzes davon ausgegangen werden, dass die Strafverfolgung erschwert ist. So gibt es etwa das EU-Verwaltungstrafvollstreckungsgesetz (EU-VStVG) sowie den Rahmenbeschlusses 2005/214/JI wonach der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung von Geldstrafen und Geldbußen (über EUR 70) in der EU besteht.

Innerhalb der EU kann somit allein aufgrund eines ausländischen Sitzes nicht davon ausgegangen werden, dass die Strafvollstreckung erschwert ist, sondern wird die Strafverfolgung und Strafvollstreckung bei Strafen über 70 Euro ganz im Gegenteil durch das harmonisierte EU-Recht sogar ermöglicht bzw. erleichtert. Damit eine Sicherheitsleistung daher eingehoben werden kann, müssen konkrete Umstände, die eine Strafverfolgung erschweren, wie etwa, dass der Sitz des Unternehmens oder Wohnsitz des Fahrers nicht ausgeforscht werden kann, vorliegen.

Sicherheitsleistung verfällt
Da es sich bei der Sicherheitsleistung nicht um eine Strafe handelt, wird zuerst eine Sicherheitsleistung eingehoben, dann von der Behörde eine Strafe mittels Strafverfügung oder Straferkenntnis verhängt, und die Sicherheitsleistung erst dann in eine Strafe umgewandelt. Die Sicherheitsleistung ist jedoch für verfallen zu erklären, sobald feststeht, dass die Strafverfolgung oder Strafvollstreckung nicht möglich ist. Im gegenständlichen Fall wurde eine Sicherheitsleistung in Höhe von 1.453 Euro eingehoben. Vorgeworfen wurde ein Verstoß gegen das Güterbeförderungsgesetz. Daraufhin schickte die Behörde am 14. September an das rumänische Unternehmen eine Aufforderung zur Bekanntgabe der verantwortlichen Person, damit eine Strafe an diese ausgestellt werden kann. Die darin gesetzte Frist betrug zwei Wochen. Obwohl dieses Schreiben beim rumänischen Unternehmen am 31. Oktober immer noch nicht eingelangt war, hat die Behörde an diesem Tag einen Bescheid erlassen, mit dem die vorläufige Sicherheitsleistung für verfallen erklärt wurde. Die Behörde begründete dies damit, dass sich die Strafverfolgung als unmöglich erwiesen hätte.

Fristgerecht
Gegen diesen Bescheid erhoben wir fristgerecht Beschwerde und konnten die Aufhebung des Verfalls erreichen. Das Gericht stellte fest, dass das Vorgehen der Behörde nicht rechtmäßig war, da die Strafverfolgung sich eben nicht als unmöglich erwiesen hat. Ganz im Gegenteil hat das rumänische Unternehmen unverzüglich nach Erhalt des Schreibens die verantwortliche Person bekannt gegeben. Die österreichische Behörde hätte somit abwarten müssen, bis die Aufforderung zur Bekanntgabe zugestellt wird und die darin gesetzte Frist von zwei Wochen abläuft. Die Erklärung des Verfalls der Sicherheitsleistung nur aufgrund dessen, dass die Behörde eineinhalb Monate nichts aus Rumänien gehört hat, rechtfertigt diesen nicht.

Fazit
In einigen Fällen ist das Einheben einer
Sicherheitsleistung und die Untersagung der Weiterfahrt bis zur Bezahlung der Sicherheitsleistung rechtswidrig. Dies ist etwa der Fall, wenn die Einhebung der Sicherheitsleistung nur damit begründet wird, dass es sich um ein ausländisches Unternehmen handelt. Wer in solch eine Situation kommt, sollte schnell handeln, da binnen sechs Wochen ab der Einhebung eine Maßnahmenbeschwerde einzubringen ist! Wird eine Sicherheitsleistung mittels Bescheid unzulässigerweise für verfallen erklärt, muss gegen den Bescheid innerhalb von vier Wochen Beschwerde eingelegt werden.

AUF EINEN BLICK

  • - Kontrollorgane sind berechtigt, Sicherheitsleistungen einzuheben und beispielsweise bei KFG-Mängeln die Weiterfahrt zu untersagen, bis die Sicherheitsleistung gezahlt wurde
  • - eine Sicherheitsleistung ist dann gerechtfertigt, wenn die Strafverfolgung erschwert bzw. unmöglich wäre oder mit einem erheblichen Aufwand verbunden wäre, der in keinem Verhältnis zur Übertretung steht
  • - allein der Umstand, dass ein Unternehmen den Sitz oder der Beschuldigte seinen Wohnsitz in einem anderen EU-Staat hat, bedeutet nicht automatisch, dass die Strafverfolgung erschwert oder unmöglich ist
  • - ganz im Gegenteil bestehen in der EU harmonisierte Rechtsgrundlagen zur Strafverfolgung und Strafvollstreckung
  • - die Strafverfolgung ist etwa dann erschwert, wenn der Wohnsitz des Beschuldigten nicht ausfindig gemacht werden kann
  • - auch die Erklärung des Verfalls eine Sicherheitsleistung ist nur dann zulässig, wenn feststeht, dass die Strafverfolgung unmöglich ist
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