Transporteur 09/21 – Dr. Schärmer – Schnee im Laderaum

Ausgangslage

Im gegenständlichen Verfahren wurde ein Frachtführer mit dem Transport von Verpackungsmaterial (Lebensmittelfolien in Rollen) von Österreich nach Finnland beauftragt. Die beförderten Lebensmittelfolien dürfen aus lebensmittel- bzw hygienerechtlichen Gründen nicht einer Verschimmelungsgefahr, insbesondere aufgrund von auftretender Feuchtigkeit, ausgesetzt werden. Zwischen den Parteien wurde keine besondere Vereinbarung über die Beschaffenheit des Transportfahrzeuges getroffen. Aus diesem Grund wurde vom Frachtführer ein gewöhnlicher Planen-Auflieger eingesetzt. Obwohl die Lebensmittelfolien in Rollen mit Wickelfolie, Kartonstreifen und Schutzfolie verpackt waren, kam es aufgrund den in Finnland herrschenden klimatischen Einflüssen wie Nässe, Schnee und Feuchtigkeit zu einem Eindringen von Feuchtigkeit in das Transportgut. Der Absender begehrte nun Schadenersatz für die Beschädigung des Transportgutes.

Verpackung vs. Fahrzeug

Aus der oben geschilderten Ausgangslage wird schnell klar, dass sich im gegenständlichen Prozess die Frage stellte, ob nun die mangelhafte Verpackung oder etwa das undichte Fahrzeug ursächlich für den entstandenen Schaden ist.

Gemäß Art. 17 Abs. 1 CMR haftet der Frachtführer unter anderem für eine Beschädigung des Gutes, sofern diese zwischen dem Zeitpunkt der Übernahme des Gutes und dem seiner Ablieferung eintritt (Obhutshaftung). Der Frachtführer ist jedoch von seiner Haftung gemäß Art. 17 Abs. 4 lit b) CMR befreit, wenn der Schaden auf eine fehlende oder mangelhafte Verpackung zurückzuführen ist. Die transportgerechte Verpackung des Gutes ist nämlich im Zweifel Sache des Absenders (RS0073756).

Ob ein Frachtgut einer Verpackung bedarf, hängt davon ab, ob es in unverpacktem Zustand den bei einem ordnungsgemäß durchgeführten Straßentransport üblicherweise zu erwartenden äußeren Einwirkungen standhält.

Zwar wurden die Lebensmittelfolien in Rollen mit Wickelfolie, Kartonstreifen und Schutzfolie verpackt, allerdings schützte diese Verpackung das Gut nicht von den im Jänner in Finnland zu erwartenden, klimatischen Einflüssen wie Nässe, Schnee und Feuchtigkeit. Trotz der vorhandenen Folierung konnte weiterhin Feuchtigkeit in das Transportgut eindringen. Aus diesem Grund war die Verpackung im gegenständlichen Fall als mangelhaft zu beurteilen.

Planen-Fahrzeuge ersetzen keine ordentliche Verpackung

Wie bereits ausgeführt, wurde im gegenständlichen Fall keine gesonderte Vereinbarung über das eingesetzte Fahrzeug getroffen. Der Frachtführer stellte daher zurecht ein einfaches Planen-Fahrzeug. Auch ist die Verwendung eines Planen-Fahrzeuges für einen Transport wie den gegenständlichen durchaus üblich. Schließlich ist auch bekannt, dass selbst ein unbeschädigtes Planen-Fahrzeug keinen absoluten Schutz gegen das Eindringen von Staub und Feuchtigkeit garantiert. Liegt es daher im Interesse des Auftraggebers, das Eindringen von Feuchtigkeit in den Laderaum garantiert auszuschließen, so hat dieser den Frachtführer mit der Verwendung eines Kofferaufbaus zu beauftragen. Wird hingegen ein Planen-Fahrzeug in Auftrag geben (da dies oft kostengünstiger ist), so muss damit gerechnet werden, dass dieses nicht 100% gegen äußere Feuchtigkeitseinwirkungen schützt.

Als Zwischenergebnis kann daher festgehalten werden, dass im gegenständlichen Fall die mangelhafte Verpackung für die Beschädigung des Gutes ursächlich war und für einen solchen Verpackungsmangel grundsätzlich der Absender haftet. Bei einem Planen-Fahrzeug ist es nicht unüblich, dass geringe Mengen Schnee bzw. Feuchtigkeit in den Laderaum eindringen. Den Frachtführer trifft jedoch die Pflicht, die Plane auf Mängel zu überprüfen. Eine beschädigte Plane zum Beispiel kann unter Umständen ein Mitverschulden des Frachtführers zur Folge haben.

Musste die mangelhafte Verpackung dem Frachtführer auffallen?

Weiters stellte sich im gegenständlichen Verfahren die Frage, ob dem Frachtführer ein Mitverschulden am entstandenen Schaden trifft, da diesem die mangelhafte Verpackung unter Umständen hätte auffallen müssen.

Zur Hauptleistungspflicht des Frachtführers gehört unter anderem die Obhutspflicht, die dem Frachtführer gebietet, alle handelsüblichen und nach den Umständen des Falles zumutbaren Maßnahmen zum Schutz des Gutes zu treffen. Der Frachtführer hat daher die ordnungsgemäße und technisch einwandfreie Durchführung des Transportes zu gewährleisten und das Gut vor jeder Beschädigung zu schützen. Stellt der Fahrer daher bei der Übernahme des Transportgutes fest, dass die Verpackung offenkundig mangelhaft ist, so hat der Frachtführer für die Beseitigung des Mangels zu sorgen oder weitere Weisungen des Absenders einzuholen.

Im gegenständlichen Fall führte der Oberste Gerichtshof aus, dass es dem Frachtführer nicht auffallen hätte müssen, dass die verwendete Verpackung zum Schutz gegen klimatische Einflüsse nicht geeignet war, da dies für den Fahrer bei der Übernahme nicht leicht zu erkennen gewesen ist. Der Frachtführer hat daher im gegenständlichen Fall nicht mit dem Entstehen von Schäden an den unzureichend mit Folie umwickelten Rollen von Lebensmittelfolien rechnen müssen.

Fazit Praxistipps

  • *** Der Frachtführer ist von seiner Haftung gemäß Art. 17 Abs. 4 lit b) CMR befreit, wenn der Schaden auf eine fehlende oder mangelhafte Verpackung zurückzuführen ist.
  • *** Die transportgerechte Verpackung des Gutes ist im Zweifel Sache des Absenders (RS0073756).
  • *** Ob ein Frachtgut einer Verpackung bedarf, hängt davon ab, ob es im unverpackten Zustand den bei einem ordnungsgemäß durchgeführten Straßentransport üblicherweise zu erwartenden äußeren Einwirkungen standhält.
  • *** Wenn Feuchtigkeit trotz der Folierung in das Innere des Gutes eintreten kann, ist die Verpackung als mangelhaft anzusehen.
  • *** Es ist bekannt, dass selbst ein unbeschädigtes Planen-Fahrzeug keinen absoluten Schutz gegen das Eindringen von Staub und Feuchtigkeit garantiert.
  • *** Soll die Ware garantiert gegen Feuchtigkeit geschützt werden, so ist der Frachtführer mit dem Einsatz eines Kofferaufbaus zu beauftragen.
  • *** Den Frachtführer trifft die Pflicht, die Plane auf Mängel zu überprüfen. Eine beschädigte Plane zum Beispiel kann unter Umständen ein Mitverschulden des Frachtführers zur Folge haben.
  • *** Der Frachtführer hat die ordnungsgemäße und technisch einwandfreie Durchführung des Transportes zu gewährleisten und das Gut vor jeder Beschädigung zu schützen.
  • *** Stellt der Fahrer daher bei der Übernahme des Transportgutes fest, dass die Verpackung offenkundig mangelhaft ist, so hat der Frachtführer für die Beseitigung des Mangels zu sorgen oder weitere Weisungen des Absenders einzuholen.
  • *** Ist die Verpackung nicht offenkundig mangelhaft, so muss dieser Mangel dem Frachtführer auch nicht auffallen.

Transporteur 09/21 – PDF

Transporteur 09/21 – A. Miskovez – Soll sich der Frachtführer doch selbst die Übertretung aussuchen…

Der „Allgemein-Paragraph“

  • ** 4 Abs. 2 KFG besagt, dass Fahrzeug und Anhänger so gebaut und ausgerüstet sein müssen, dass durch ihren sachgemäßen Betrieb weder
  • ** Gefahren für den Lenker oder
  • ** beförderte Personen oder
  • ** andere Straßenbenützer
  • ** noch Beschädigungen der Straße oder
  • ** schädliche Erschütterungen noch
  • ** übermäßig Lärm,
  • ** Rauch,
  • ** übler Geruch,
  • ** schädliche Luftverunreinigungen oder
  • ** vermeidbare Verschmutzungen anderer Straßenbenützer
  • ** oder ihrer Fahrzeuge entstehen.

Es handelt sich hierbei um eine Vorschrift mit zahlreichen Ge- und Verboten. Egal ob es sich um ein defektes Licht, einen beschädigten Reifen, mangelhafte Ladungssicherung, oder Ölverlust handelt, unter die obige Norm können alle diese Mängel subsumiert werden. Deshalb wird diese Vorschrift so oft von den Behörden zur Bestrafung herangezogen. Unter dem Motto „Irgendwas von dem wird er schon begangen haben“ wird die ganze Norm im Vorwurf angeführt und muss sich der Beschuldigte nun quasi selbst aussuchen, ob der vorgeworfene Mangel eine Gefahr darstellt oder etwa übermäßig Lärm, Rauch, üblen Geruch etc. verursacht.

Genauigkeit gefragt!

Ein solches Vorgehen verstößt jedoch gegen das Konkretisierungsgebot des § 44a VStG. Demnach sind die Tat und die Tatumstände so genau zu umschreiben, dass der Beschuldigte genau ableiten kann welches konkrete Verhalten ihm vorgeworfen wird.

Wird daher ein Mangel festgestellt, so hat die Behörde zusätzlich zur einschlägigen Vorschrift anzuführen, welcher der oben aufgezählten Umstände durch den Mangel verwirklicht ist. Es ist somit nicht ausreichend, einfach die obige Norm in den Vorwurf zu kopieren und als letzten Satz beispielsweise schreiben: Es wurde festgestellt, dass Öl aus dem Fahrzeug tropfte. Vielmehr muss konkretisiert werden, dass es aufgrund des Austritts zu einer Verschmutzung der Fahrbahn und hierdurch zur Gefährdung anderer Straßenbenützer kam. Nur so ist dem gesetzlichen Konkretisierungsgebot entsprochen.

Fazit

Wie schon so oft in dieser Kolumne beschrieben, leiden zahlreiche Straferkenntnisse der Börden an formellen Mängeln und erfolgt die Bestrafung daher rechtswidrig. Genau aus diesem Grund empfiehlt es sich über eine, speziell für die Transportbranche maßgeschneiderte Rechtsschutzversicherung zu verfügen, um sich gegen solche rechtswidrigen Strafen zu wehren. Auf diesem Weg können Strafen, die sich negativ auf die Risikoeinstufung des Unternehmens auswirken (Verkehrsunternehmensregister) ohne Kostenrisiko, durch die Beiziehung einschlägiger Experten, abgewehrt werden.

Transporteur 09/21 – A. Miskovez – Soll sich der Frachtführer doch selbst die Übertretung aussuchen…