Einsprüche gegen Strafverfügungen: Falsche E-Mail-Adresse?

Inhalt

    Vermeintlich unrichtige E-Mail-Adressen sorgten bei Einsprüchen und Beschwerden gegen Strafen jüngst in Niederösterreich für Unsicherheit. Nun gibt es Klarheit.

    Eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs vom Oktober 2023 (Ra2023/02/0133) löste insbesondere auch in der Transportbranche eine wahre Lawine aus. Diese Entscheidung hatte zur Folge, dass zahlreiche Einsprüche gegen Strafverfügungen, sowie Beschwerden gegen Straferkenntnisse vom Landesverwaltungsgericht Niederösterreich zurückgewiesen wurden, da diese nach Ansicht desselben bei unrichtigen E-Mail-Adressen der Behörden eingebracht worden seien. Wir haben insgesamt 28 derartiger Entscheidungen des Landesverwaltungsgerichts beim Verwaltungsgerichtshof angefochten und in den vergangenen Wochen bereits die erste Welle an positiven Erkenntnissen erhalten.

    Konkret geht es darum, ob Rechtsmittel an die Behörde bei der allgemeinen, auf der Website der Behörden kundgemachte E-Mail-Adresse einzubringen sind, oder rechtswirksam bei den abweichenden und spezielleren E-Mail Adressen, die im Briefkopf der behördlichen Bescheide angeführt wird, eingebracht werden können.

    Ausgangslage

    Wenn die Bezirkshauptmannschaft eine Strafverfügung oder ein Straferkenntnis erlässt, enthält dieses eine entsprechende Rechtsbelehrung. Demnach sind Einsprüche gegen Strafverfügungen binnen zwei Wochen und Beschwerden gegen Straferkenntnisse binnen vier Wochen einzubringen. Im Briefkopf eines jeden behördlichen Schreibens findet sich die Anschrift der Behörde sowie jene E-Mail-Adresse, die von der Behörde zur Kommunikation benutzt wird.

    Beispielsweise führt die Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha auf deren Schreiben die E-Mail-Adresse „strafen.bhbl@noel.gv.at“ an. Auch viele andere Behörden verweisen in Verwaltungsstrafangelegenheiten auf eine derartige spezielle E-Mail-Adresse. Zumal die Kommunikation mit der Behörde immer anstandslos über diese „Organisations-E-Mail Adressen“ stattfand, haben auch wir als Rechtsanwaltskanzlei sämtliche Korrespondenz mit den Behörden stets an die im Briefkopf angeführte E-Mail-Adresse gerichtet. Unter dieser Adresse sind alle Schreiben auch stets bei der Behörde eingelangt und wurden von dieser bearbeitet. Es stand somit zweifelsfrei fest, dass die Behörden in Strafangelegenheiten über diese E-Mail-Adresse kommunizieren.

    Adresse kundgemacht?

    Obwohl auf sämtlichen Schreiben die oben angeführte „Strafen“-E-Mail-Adresse von den Behörden selbst angeführt und verwendet wurde, sieht § 13 Abs. 2 AVG besondere Regelungen für die E-Mail Korrespondenz mit Behörden vor. Demnach können schriftliche Anbringen und daher auch Einsprüche sowie Beschwerden der Behörde in jeder technisch möglichen Form übermittelt werden, mit E-Mail jedoch nur insoweit, als für den elektronischen Verkehr zwischen der Behörde und den Beteiligten nicht besondere Übermittlungsformen vorgesehen sind.

    Solche technischen Voraussetzungen oder organisatorische Beschränkungen des elektronischen Verkehrs sind von der Behörde im Internet kundzumachen. Sofern die Behörde auf ihrer Webseite daher eine bestimmte E-Mail-Adresse kundmacht, ist grundsätzlich ausschließlich diese E-Mail-Adresse zu verwenden.

    Die meisten Behörden haben von einer derartigen Kundmachung Gebrauch gemacht und auf deren Webseite ihre allgemeine E-Mail-Adresse bekannt gegeben. Im Beispielsfall vor der Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha lautete die im Internet kundgemachte E-Mail-Adresse „post.bhbl@noel.gv.at“.

    Nun herrschte Verwirrung

    In seiner Erkenntnis vom Oktober 2023 sprach der Verwaltungsgerichtshof in einem nicht von unserer Kanzlei vertretenen Fall aus, dass für Einsprüche und Beschwerden an Behörden ausschließlich die im Internet kundgemachte allgemeine Adresse zu verwenden ist. Obwohl in der Strafverfügung daher beispielsweise die „Strafen“-E-Mail-Adresse angeführt ist und auch diese von der Behörde selbst zur Kommunikation verwendet wird, mussten gemäß der Rechtsansicht des VwGH dennoch sämtliche Schriftstücke an die allgemeine „Post“-E-Mail-Adresse eingebracht werden.

    Im dem VwGH zu Grunde liegenden Fall wurde der Einspruch dennoch an die „Strafen“-E-Mail-Adresse – welche die Behörde selbst in Ihrem Schreiben vorgab – eingebracht und dies vom Verwaltungsgerichtshof als unzulässig erachtet, sodass der Einspruch wegen Verspätung zurückgewiesen wurde. Dies obwohl die Behörde selbst über die genannte E-Mail-Adresse kommuniziert.

    Mehrfach zurückgewiesen

    Aufgrund der Entscheidung des Höchstgerichts (VwGH) haben die Verwaltungsgerichte in weiterer Folge primär überprüft, ob Einsprüche und Beschwerden überhaupt bei der „richtigen“ E-Mail-Adresse eingebracht wurden. Da unter anderem auch unsere Kanzlei sämtliche Schriftstücke stets an die von der Behörde selbst angeführte „Strafen“ E-Mail-Adresse und nicht an die allgemeine, im Internet kundgemachte „Post“-E-Mail-Adresse richtete, wurden zahlreiche Einsprüche und Beschwerden als verspätet zurückgewiesen.

    Da nun eine erhebliche Rechtsunsicherheit bestand, setzten wir uns in insgesamt 28 Verfahren zur Wehr und fochten die negativen Entscheidungen des Landesverwaltungsgerichts beim VwGH an.

    Mehrfacher Erfolg

    Erfreulicherweise langten bis Redaktionsschluss dieser Ausgabe bereits die ersten positiven Entscheidungen des VwGH ein, in welchen unseren Revisionen Folge gegeben wurde. Der VwGH hat dessen Rechtsansicht vom Oktober 2022 nun dahingehend abgeändert, dass Einsprüche und Beschwerden auch an die von der Behörde im Briefkopf selbst angeführte speziellere „Strafen“-E-Mail-Adresse eingebracht werden können. Die Anführung einer derartigen spezielleren E-Mail-Adresse führt im Ergebnis nämlich dazu, dass die Behörde hierdurch ihre organisatorische Beschränkung (gemäß Website) auf die allgemeine E-Mail-Adresse durchbricht und neben der allgemeinen E-Mail-Adresse somit auch die speziellere im Briefkopf angeführte „Strafen“ E-Mail-Adresse verwendet werden kann.

    Dies führt nun auch zu einer entsprechenden Rechtssicherheit beim Beschuldigten. Dieser muss nämlich darauf vertrauen können, dass mit der Behörde eben über jene E-Mail-Adresse kommuniziert werden kann, welche diese selbst in ihrem Briefkopf vorgibt. Der Beschuldigte kann nicht in die Situation versetzt werden, sich erst mühsam über das Internet Informationen darüber beschaffen zu müssen, welche E-Mail Adresse von der Behörde als zulässige Einbringungsadresse kundgemacht ist, wenn die Behörde selbst eine E-Mail-Adresse im Briefkopf vorgibt.


    Erschienen im Transporteur 06/2024

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