Stragü 12/2018, Dr. Schärmer – Bewachungsklauseln in Transportaufträgen

Stragü 12/2018, Dr. Schärmer – Bewachungsklauseln in Transportaufträgen

Anlass für den Rechtsstreit

Das Landgericht Bremen (Urteil vom 5.6.2018-11 O 169/17, abgedruckt in der Zeitschrift Transportrecht 10, 2018, Seite 390) hatte über eine Schadenersatzklage wegen Verlust einer Ladung Sportbekleidung zu entscheiden. Der Transportunternehmer wurde beauftragt, Textilien von Deutschland nach Frankreich zu transportieren. In der Anlage zum Transportauftrag befanden sich Sicherheitsanweisungen. Nach diesen Anweisungen war der Frachtführer verpflichtet, Pausen nur auf bewachten und videobewachten Parkplätzen einzulegen. Der LKW-Fahrer, der mit einem Kofferauflieger unterwegs war, konsumierte seine tägliche Ruhezeit in der Nacht auf einem belgischen Parkplatz, der nicht videoüberwacht war. In der Nacht wurden die Türen des Aufliegers aufgebrochen und die Ware gestohlen. Die klagende Partei nahm den Frachtführer in voller Höhe in Anspruch und vertrat die Auffassung, dass grobe Fahrlässigkeit vorliege. Der Transportunternehmer behauptete hingegen, dass keine unbeschränkte Haftung gegeben sei, da die Sicherheitsanweisungen nicht wirksam vereinbart worden seien. Im Übrigen wäre der Parkplatz beleuchtet gewesen und sei der Kofferauflieger mit einem Vorhangschloss gesichert gewesen. Weiters hat der Transportunternehmer die Auffassung vertreten, er habe alle Sicherheitsanforderungen erfüllt und hätte es auf dieser Route überhaupt keine Parkplätze mit Videoüberwachung gegeben.

 

Zur Wirksamkeit der Bewachungsklausel

Zunächst war zu überprüfen, ob die Bewachungsklausel im Transportauftrag zwischen den Vertragsparteien wirksam vereinbart wurde. Das Gericht hat festgestellt, dass der Transportunternehmer den Frachtauftrag, wie von der Auftraggeberin angeboten, angenommen hat. Das Gericht hat die Auffassung vertreten, dass eine derartige Klausel in einem Transportauftrag für einen Transportunternehmer weder überraschend noch unangemessen benachteiligend ist. Nach Ansicht des deutschen Gerichtes muss ein Transportunternehmer im täglichen Frachtgeschäft mit bestimmten Sicherheitsmaßnahmen bezüglich der aufzusuchenden Raststätten rechnen. Die gegenständliche Klausel wurde daher vom deutschen Gericht als wirksam betrachtet.

 

Schweres Verschulden bei Verletzung von Sicherheitsanweisungen

Das Gericht hat trotz der eingeschlagenen Sicherheitsmaßnahmen ein schweres Verschulden angenommen. Ein vorsätzlicher Verstoß gegen vereinbarte Sicherheitsanweisungen führt zur unbeschränkten Haftung des Transportunternehmers. Dies ist dann der Fall, wenn diebstahlsgefährdete Markenbekleidung entgegen konkreten Sicherheitsvorgaben im Transportauftrag befördert werden. Das Gericht hat daher im vorliegenden Fall eine Haftung des Transportunternehmers in Höhe des eingeklagten Schadens angenommen.

 

Kritische Anmerkungen zur Entscheidung:

Die Entscheidung des deutschen Gerichtes ist aus meiner Sicht in mehreren Punkten durchaus kritisch zu beleuchten. Aus meiner Sicht wäre in diesem Verfahren die Einholung eines SV-Gutachtens zur Parkplatzsituation auf der konkreten Transportstrecke sehr aufschlussreich gewesen. Faktum ist nämlich, dass es nur sehr wenige bewachte Parkplätze in Europa gibt und diese standardisierte Bewachungsklausel faktisch in Europa gar nicht einzuhalten ist. Es herrscht in Europa ein massiver Lkw-Parkplatzmangel. Im Größenschluss gibt es keine ausreichende Anzahl an bewachten bzw. gesicherten LKW-Parkplätzen. Es wäre daher interessant gewesen feststellen zu lassen, ob auf der konkreten Transportstrecke überhaupt bewachte Lkw-Parkplätze vorhanden gewesen wären. Offenbar unberücksichtigt blieb, dass der Transportunternehmer im vorliegenden Fall tatsächlich sehr hohe Sicherheitsmaßnahmen getroffen hat. So wurde ein Koffer-Auflieger anstatt eines Planenzuges verwendet und waren die Hecktüren mit einem Schloss gesichert. Offen blieb allerdings eine Feststellung dahingehend, ob sich auf dieser Route geeignetere Lkw-Parkplätze, insbesondere bewachte Parkplätze überhaupt befunden hätten. Eine derartige Tatsachenfeststellung wäre aus meiner Sicht wichtig gewesen.

 

Zusammenfassung:

  • Bewachungsklauseln zur Verwendung von ausschließlich bewachten/gesicherten Parkplätzen sehen die Gerichte als wirksam an.

 

  • Wenn ein Transportauftrag mit einer derartigen Bewachungsklausel angenommen wird und der Transportunternehmer den Transport durchführt, hatte diese Klausel akzeptiert.

 

  • Wenn es keine bewachten Parkplätze gibt und es sich um außerordentlich hohe Warenwert handelt geht der Transportunternehmer ein besonders hohes Risiko ein.

 

  • In derartigen Fällen sollte der Transportunternehmer der Klausel widersprechen und die Zustimmung des Auftraggebers einholen, dass zumindest vom Transportunternehmer vorgeschlagene Lkw-Parkplätze verwendet werden.

 

  • Auf diese Weise holt man sich die Zustimmung für bestimmte auf der Strecke vorhandene Parkplätze ein.

 

  • Das Problem ist, dass derartige (wohl seit vielen Jahren übliche) Bewachungsvorschriften aufgrund des Lkw-Parkplatzmangels nicht eingehalten werden können.

 

  • Das vorliegende Urteil zeigt wieder, dass die deutsche Rechtsprechung eine besonders strenge Ansicht zur Frachtführerhaftung vertritt.
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