Transporteur 06/22 – A. Miskovez – Mythos 80 % bei Storno

Transporteur 06/22 – A. Miskovez – Mythos 80 % bei Storno

Was ist ein Storno?

Was im allgemeinen und täglichen Wortgebrauch als „Storno“ bezeichnet wird, ist gesetzlich als Rücktrittsrecht geregelt und bedeutet, dass eine der beiden Parteien nach Abschluss des Frachtvertrages von diesem zurücktritt. Bis auf § 428 Abs. 2 UGB finden sich in den sonderfrachtrechtlichen Bestimmungen (UGB, CMR) keine Regelungen zum Rücktritt, weshalb auf das allgemeine Zivilrecht (Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch – ABGB) zurückzugreifen ist. Demnach ist der Auftraggeber grundsätzlich berechtigt, jederzeit vom Vertrag zurückzutreten.

Anspruch auf Fracht

Macht der Auftraggeber von seinem Rücktrittsrecht Gebrauch, bedeutet dies jedoch nicht, dass der Frachtführer „leer ausgeht“. Storniert der Auftraggeber den Frachtauftrag nämlich trotz Leistungsbereitschaft und fehlendem Verschulden des Frachtführers, bleibt der Anspruch des Frachtführers auf Bezahlung der Fracht aufrecht. Zu beachten ist hierbei jedoch, dass sich der Frachtführer vom ursprünglich vereinbarten Frachtpreis dasjenige abziehen lassen muss, was er sich durch die Nichterfüllung des Auftrages erspart hat oder anderwärtig hätte erwerben können (§ 1168 ABGB).

Wird der Transportauftrag während der Anfahrt zur Landesstelle storniert, so erspart sich der Frachtführer beispielsweise die Benzinkosten und die Maut für den geplanten Transport. Diese Beträge sind daher von der vereinbarten Fracht in Abzug zu bringen.

Erfolgt die Stornierung etwa erst wenige Stunden nach Erteilung des Transportauftrages, ist es für den Transportunternehmer in der Regel problemlos möglich, einen Ersatztransport zum gleichen Preis zu organisieren. Ist der Lkw in diesem Fall noch nicht losgefahren, so ist dem Frachtführer regelmäßig gar kein Schaden entstanden und wird der Ersatzanspruch daher entsprechend gering ausfallen.

Beweisproblem in der Praxis

In der Praxis gestaltet sich die Einforderung von einem Storno-Schadenersatz oft als schwierig, da der Frachtführer den tatsächlich entstandenen Schaden darlegen muss und ein solcher Nachweis nur über genauere Kalkulationen und Sachverständigengutachten möglich ist. In Deutschland wurde die Situation insofern besser gelöst, als der Frachtführer nach deutschem Recht (§ 115 dHGB) das Wahlrecht zwischen Schadenersatz (wie in Österreich) oder einer pauschalen Entschädigung in Höhe eines Drittels der Fracht hat. In Deutschland kann der Frachtführer daher bei einer Stornierung, unabhängig davon, ob ihm tatsächlich ein Schaden entstanden ist,  pauschal ein Drittel der Fracht fordern.

80% über AGB möglich

In Österreich besteht weder eine gesetzliche Regelung noch ein Handelsbrauch darüber, dass dem Frachtführer im Falle einer Stornierung 80 % des Frachtpreises zustehen. Dennoch kann eine solche Zahlung in Höhe von 80 % der Fracht vereinbart werden. Eine solche Vereinbarung läuft nämlich nicht den gesetzlichen Regelungen des ABGB zuwider, sondern kann eine zulässige Pönalvereinbarung darstellen. Wird zwischen den Vertragsparteien daher beispielsweise in AGB vereinbart, dass im Falle eines Rücktritts eine verschuldensunabhängige Vertragsstrafe in Höhe von 80 % der Fracht zu bezahlen ist, so kann sich der Frachtführer auf diese Vereinbarung berufen und die Forderung geltend machen.

Fazit

„80% bei Storno“ bleibt weiterhin ein Mythos. Gesetzliche Grundlage oder Handelsbrauch gibt es hierfür keinen. Im Falle eines unverschuldeten Stornos hat der Frachtführer Anspruch auf Bezahlung der Fracht, muss sich jedoch anrechnen lassen, was er sich erspart hat. De facto bedeutet dies, dass der Frachtführer nur den tatsächlich entstandenen Schaden ersetzt bekommt. Unterliegt der Vertrag deutschem Recht, kann man statt den Schaden mühsam nachweisen zu müssen, pauschal ein Drittel der Fracht fordern. Die sinnvollste Variante für die alltägliche Praxis führt jedoch über AGB, in denen das Thema der Stornierung bereits im Vorfeld geregelt wird und in weiterer Folge unkomplizierter abgewickelt werden kann.

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