Auszahlung Frachtentgelt

Inhalt

    Es ist eine unangenehme und nicht seltene Praxis, zu beobachten, dass Auftraggeber die Auszahlung des Frachtentgelts von der Zusendung der Originaltransportdokumente abhängig machen. Im Regelfall ist dies nicht zulässig.

    Sachverhalt

    Ein Transportunternehmen wurde zur Durchführung eines grenzüberschreitenden Transports beauftragt. Die am Beladeort übernommene Ware wurde unbeschädigt und vollständig am vereinbarten Entladeort abgeliefert. Die Übernahme des Frachtguts wurde vom vorgesehenen Empfänger auch bestätigt. Nach diesem Transport fakturierte der Transportunternehmer das vereinbarte Frachtentgelt und übermittelte die Rechnung an den Auftraggeber. Der Frachtrechnung waren Kopien der Transportpapiere inklusive des Ablieferbelegs beigeschlossen. Die Originaldokumente wurden nicht mit gesendet, da dies der Frachtführerin aufgrund der ausschließlichen elektronischen Datenführung nicht möglich war. Weiters erhielt der Frachtführer an der Ablieferstelle ebenfalls nur eine Kopie des Lieferscheins.

    Bestätigte Dokumente

    Im Frachtauftrag war die Klausel enthalten „die Abrechnung erfolgt nur mit bestätigten Ablieferbelegen, bestätigten Zolldokumenten, Stempel und Unterschrift auf CMR-Frachtbrief, Lieferschein, dazugehörige beigefügte Dokumente im Original und unserer Positions-Nummer“. Derartige Klauseln sind in Transportaufträgen zwischenzeitig „Gang und Gäbe“. Da der Auftraggeber trotz mehrfacher Zahlungserinnerungen seine Zahlungspflicht nicht nachkam, musste die Klage eingebracht werden.

    Auslegungsfrage

    Im Fokus des Rechtsstreits stand zunächst die Frage, wie die Klausel auszulegen ist. Bei der Auslegung von Verträgen ist nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdruckes zu haften, sondern ist die Absicht der Parteien zu erforschen und der Vertrag so zu verstehen, wie es der Übung des redlichen Verkehrs entspricht. Das Gericht kam zum Ergebnis, dass es wohl nicht der Übung des redlichen Verkehrs entspricht, dass der Frachtführer erst dann Rechnung legen darf, wenn er alle allenfalls dem Frachtgut beigefügten Dokumente an den Auftraggeber (im Original) übermittelt. Daraus folgt, dass sich der Auftraggeber in derartigen Fällen nicht darauf berufen kann, dass er wegen der nicht vorgelegten (Original) Dokumente die Zahlung der Frachtentgelte verweigern darf (vgl. auch zur österreichischen Rechtslage BG Melk 5 C 16/10w; zur deutschen Rechtslage: TranspR 11/12-2013).

    Fälligkeit des Frachtlohns

    Beim Frachtvertrag besteht der – werkvertraglich geschuldete – Erfolg in der Verbringung von Gütern von einem bestimmten Platz zum anderen. Die Beförderung ist die Hauptleistungspflicht des Frachtführers. Hat der Frachtführer die Hauptleistung der Beförderung erbracht und das Gut an den Empfänger ordnungsgemäß (fristgerecht, schadensfrei und vollständig) abgeliefert, hat er Anspruch auf die vereinbarte Fracht. Die Verletzung einer (allenfalls) geringfügigen vertraglichen Nebenpflicht führt nicht zum Recht auf Zurückbehaltung und auch nicht zur Berechtigung auf Entgeltminderung (vgl zB 7 Ob 687/90). Der Frachtanspruch ist daher mit der Ablieferung des Gutes an den Empfänger, jedoch unter Berücksichtigung der vereinbarten Zahlungsziele, fällig.

    Ausschluss des Zurückbehaltungsrechts

    Ganz abgesehen davon ist im Anwendungsbereich der AÖSp das Zurückbehaltungsrecht ausgeschlossen. Auch der Frachtführer kann sich bei einer Vereinbarung der AÖSp auf § 32 berufen. § 32 AÖSp sieht vor, dass gegenüber Ansprüchen des Spediteurs (Frachtführers) eine Aufrechnung oder Zurückbehaltung nicht zulässig ist.

    Schadenersatz

    Die Nichtablieferung der Transportdokumente kann allenfalls eine Verletzung der vertraglichen Nebenpflichten aus dem Frachtvertrag darstellen. Dies hindert zwar nicht die Fälligkeit des Frachtlohnanspruchs, jedoch könnte der Auftraggeber unter Umständen einen Schadenersatzanspruch geltend machen. In diesen Fällen wäre aber der Auftraggeber verpflichtet, den tatsächlichen dadurch entstandenen Schaden dem Grunde und der Höhe nach konkret nachzuweisen. Dies dürfte in den meisten Fällen schwierig sein.

    Schlussbemerkung: Da derartige unangenehme Zahlungsverweigerungen immer häufiger in der Transportbranche vorkommen, sollte die Darstellung der geltenden Rechtslage die Häufigkeit dieser Fälle vermindern.


    Erschienen im Stragü 02/2014

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