OGH: Aktuelle Entscheidung zum Standgeld

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    Wenn Fahrer wie Unternehmer wie auf glühenden Kohlen sitzen: Jetzt hat der Oberste Gerichtshof eine interessante Entscheidung zu Fragen des Stehzeitenentgelts im Frachtrecht im Zusammenhang mit einer Standgeldklausel in AGBs gefällt (OGH vom 17.4.2013, 7 Ob 45/13p).

    Ein Versender beauftragte dabei einen Frachtführer mit dem Transport von Stahlrohren aus der Ukraine nach Österreich. Die tatsächliche Durchführung wurde jedoch einem Subfrachtführer übertragen. An der ukrainisch/ungarischen Grenze kam es zu einer behördlichen Anhaltung durch die Zollorgane und zunächst zu einer Beschlagnahme des Fahrzeugs. Im Nachhinein hat sich herausgestellt, dass die durch den ukrainischen Zoll veranlasste Beschlagnahme ungerechtfertigt war und die Ursache der Stehzeit weder der Versenderin noch dem Frachtführer zuzuordnen war. Der Frachtführer klagte das Standgeld für 167 Stehtage à 200,- Euro ein, das ihm schlussendlich auch zugesprochen wurde.

    Standgeldklausel

    Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) des Frachtführers enthielten eine branchenübliche Standgeldklausel, wonach für Be-/Entladung 24 Stunden in Westeuropa und 48 Stunden in GUS-Ländern frei sind. Darüber hinaus werden 420,- Euro pro angefangener Stunde verrechnet. Wie bereits ausgeführt, wurde im gegenständlichen Verfahren kein Standgeld von 420,- Euro, sondern lediglich 200,- Euro angeklagt. Die Gerichte haben die Auffassung vertreten, dass bei Lkw-Transporten über den vereinbarten Frachtpauschalpreis hinaus dem transportdurchführenden Unternehmen bei von ihm unverschuldeten Stehzeiten eines Lkw bereits aufgrund eines Unternehmensbrauches zumindest ab dem dritten Tag ein nach Tagen bemessenes Standgeld zu bezahlen ist. Dies allerdings nur dann, wenn das Transportunternehmen den Auftraggeber vom Eintritt solcher Stehzeiten verständigt.

    Standgeld ist Teil des Frachtlohns

    Das Entgelt für Stehtage ist Teil des Frachtlohnes. Generell sind vereinbarte Standgelder ein Teil der Vergütung des Frachtführers (OHG vom 17.42013, 7 Ob 45/13p). Das Standgeld entsteht, wenn der Transport durch Umstände verzögert wird, die nicht in die Sphäre des Frachtführers fallen und ihn an der anderweitigen Verwendung des betreffenden Fahrzeugs hindert. Dies ist zum Beispiel bei Beförderungs- oder Ablieferungshindernissen der Fall. Nur dann, wenn Stehzeiten vom Frachtführer zu vertreten sind, entfällt der Anspruch auf Standgeld. Das Höchstgericht führt aus, dass die Fracht typischerweise auf Basis der mit der vereinbarten Beförderung üblicherweise zu erwartenden Beförderungsdauer kalkuliert ist. Kommt es daher zur Verlängerung der Inanspruchnahme des Lkw, etwa weil es aufgrund der auszuführenden Verzollung zu unverschuldeten Wartezeiten kommt, ist entsprechend der Standgeldklausel in den Transport-AGB Entgelt für die Stehzeit zu bezahlen (7 Ob 45/13p mit weiteren Literaturhinweisen).

    Neutrale Sphäre, kein Verschulden

    Im vorliegenden Fall war die Ursache der Stehzeit der neutralen Sphäre zuzurechnen. Das bedeutet, dass weder der Versender noch der Frachtführer die Wartezeiten verursacht haben. Schließlich hat sich herausgestellt, dass der ukrainische Zoll die Beschlagnahme ungerechtfertigt veranlasst hat. Da es im vorliegenden Fall zur Verlängerung der Inanspruchnahme des Lkw durch die (rechtswidrigen) Maßnahmen des Zolls gekommen ist und sowohl dem Frachtführer als auch dem Versender kein Verschulden anzulasten war, haben die Gerichte dem Frachtführer einen verschuldensunabhängigen Entgeltanspruch (auf Standgeld) für die 167 Tage des Nutzungsausfalls zugesprochen.

    Angemessenheit des Standgeldes

    In den vorliegenden Transport-AGBs war zunächst ein Standgeld von 420,- Euro je angefangenen 24 Stunden Wartezeit festgelegt. Der klagende Frachtführer hat jedoch im konkreten Fall nur ein der Höhe nach im Einzelfall angemessenes Standgeld von 200,- Euro pro Stehtag verrechnet. Die Höhe des begehrten Standgeldsatzes von 200,- Euro pro Stehtag für dem gesamten Zeitraum der rechtswidrigen Beschlagnahme wurde von den Gerichten in allen Instanzen nicht beanstandet und als angemessen betrachtet (siehe ausführlicher dazu OGH vom 17.4.2013, 7 Ob 45/13p).


    Erschienen im Stragü 08/2013

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