Haftung des Frachtführers bei Frachtschaden

Inhalt

    In einer brandaktuellen Entscheidung 7 Ob 102/13w vom 3. Juli 2013 hat der Oberste Gerichtshof die Haftung des Frachtführers zu einem Frachtschaden bei einem Mähdreschertransport verneint.

    In der Mai-Ausgabe haben wir bereits ausführlich darüber berichtet, dass ein durch unsere Kanzlei vertretener Frachtführer nach Ausschöpfung aller Instanzen obsiegen konnte. Der OGH stellte fest, dass der Frachtführer bei unsachgemäßer Verladung und Verstauung nicht haftet, auch wenn die gesetzlich zulässige Gesamthöhe überschritten wurde (siehe Stragü Mai/2013; OGH 7 Ob 5/13f vom 18.2.2013). In einem ganz anderen Verfahren wurde ein von unserer Kanzlei vertretener Frachtführer auf Schadenersatz im Zusammenhang mit einem Frachtschaden bei einem Mähdreschertransport geklagt. Das Verfahren wurde auch hier bis zur Ausschöpfung des Instanzenzuges, somit bis zum Höchstgericht, betrieben. Auch in diesem Verfahren hat das Höchstgericht die Haftung des Frachtführers für den Frachtschaden verneint (7 Ob 102/13w vom 3. Juli 2013).

    Zur Ausgangslage

    Unser Frachtführer war beauftragt, einen Transport eines Mähdreschers von Belgien nach Rumänien durchzuführen. Der Frachtführer verwendete einen Tiefbettsattelauflieger mit einer 3-Achs Sattelzugmaschine. Der Mähdrescher hatte eine Rundumsicht-Fahrerkabine mit einer eingeklebten, gebogenen Windschutzscheibe. Derartige Transporte von Mähdreschern erfolgen „abgerädert“, d.h. die
    Reifen werden abmontiert, damit die zulässige Fahrzeughöhe von vier Metern nicht überschritten wird. Die Mähdrescher werden auf Kanthölzer aufgebockt und verzurrt. Eine Plane wird bei derartigen Transporten nie verwendet, die Windschutzscheibe wird nicht abgedeckt. Die Absenderin lud den Mähdrescher auf diese Weise auf den Lkw des Frachtführers. Bei der Entladung an der Abgabestelle stellte sich heraus, dass die Windschutzscheibe einen Schaden aufwies. Das Bruchbild des Schadens entsprach nicht einem Steinschlagschaden, sondern wies auf eine hohe Druckbelastung hin, die typisch für eine hohe Stoßbelastung bei ausgeprägten Fahrerbahnschäden ist. Bei ungefederter Fahrweise ist eine starr eingeklebte Windschutzscheibe nur eingeschränkt bruchfest. Die gewählte (abgeräderte) Transportart ist branchenüblich und fachgerecht, bedingt aber eine den Fahrbahnverhältnissen sehr angepasste Fahrweise, weil die Reifenfederung des starr aufliegenden Mähdreschers fehlt. Der Transportversicherer des Versenders bezahlte einen Entschädigungsbetrag von 7.000,– Euro für den Austausch der beschädigten Windschutzscheibe. In weiterer Folge klagte der Transportversicherer den Frachtführer.

    Schaden beim Transport

    Im Gerichtsverfahren wurde festgestellt, dass der Schaden zwischen Übernahme und Ablieferung, sohin beim Transport eingetreten sein muss. Dies ergab sich auch daraus, dass der Fahrer des beklagten Frachtführers bei Übernahme des Mähdreschers keinen Schaden im Frachtbrief vermerkte und somit die Beweisvermutung gilt, dass das Gut schadensfrei übernommen wurde. Der Frachtführer haftet gemäß Art. 17 Abs. 1 CMR für eine Beschädigung des Gutes, sofern diese zwischen dem Zeitpunkt der Übernahme des Gutes und dem seiner Ablieferung eintritt. Der Frachtführer hat aber in diesen Fällen die Möglichkeit, die ihn belastende Verschuldensvermutung durch den Nachweis zu entkräften, dass die Voraussetzungen eines für ihn günstigen Haftungsausschlussgrundes gegeben sind.

    Haftungsausschlussgründe

    Die Haftungsausschlussgründe sind in Art. 17 Abs. 2 und 17 Abs. 4 CMR festgelegt. Die in Art. 17 Abs. 4 CMR aufgezählten Ausschlussgründe beinhalten typische Transportrisiken, die gerade bei Gütertransporten auf der Straße mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit zu Schäden führen. Es reicht grundsätzlich aus, dass der Frachtführer darlegt, dass nach den Umständen des Falles die Beschädigung aus einer dieser besonderen Gefahren entstehen konnte. Der Kläger kann dann noch beweisen, dass der Schaden nicht oder nicht ausschließlich aus einer dieser Gefahren entstanden ist (7 Ob 112/13w).

    Haftungsausschluss durch Bruchrisiko

    Der Frachtführer ist von seiner Haftung bei Schäden befreit, die durch die natürliche Beschaffenheit gewisser Güter, insbesondere durch Bruch verursacht sind (Art. 17 Abs. 4 lit d CMR). Für die Beurteilung, ob die natürliche Beschaffenheit des Frachtgutes eine besondere Gefährdung in sich birgt, ist der normale Transportverlauf des ordnungsgemäß geladenen Gutes bei den jeweils zu erwartenden Witterungsbedingungen mit einem üblichen – in Regel mit Plane gedeckten – Fahrzeug ausschlaggebend. Da der Absender über die Beschaffenheit des Beförderungsgutes in aller Regel besser informiert ist, kann er die betreff enden Risiken durch eine besondere Verpackung und entsprechende Sicherungsmaßnahmen eindämmen. Im konkreten Fall hat das Gericht festgestellt, dass die starr eingeklebte Windschutzscheibe des Mähdreschers bei ungefedertem (abgerädertem) Transport nur eingeschränkt bruchsicher ist. Die gewählte Transportart war zudem branchenüblich und fachgerecht. Derartige Transporte erfordern allerdings eine sehr angepasste Fahrweise. Im vorliegenden Fall konnte das Gericht daher davon ausgehen, dass der Mähdrescher mit starr verklebten Windschutzscheiben auch bei einem normalen Transportablauf nur eine eingeschränkte Bruchfestigkeit der Windschutzscheibe aufwies. Aus diesem Grund liegt ein erhöhtes Beförderungsrisiko gemäß Art. 17 Abs. 4 CMR vor, das auf den Beförderer nicht überwälzt werden kann. Die Klägerin konnte das Gericht nicht davon überzeugen, dass der Schaden doch aus einer anderen Gefahr, für die der Frachtführer einzustehen hätte, entstanden ist.

    Das Klagebegehren wurde daher in allen Instanzen abgewiesen und hat der OGH auch für diese Fallkonstellation unter Hinweis auf Art. 17 Abs. 4 CMR klargestellt, dass den Frachtführer keine Haftung trifft.

    Schlussbemerkung

    Diese Entscheidung ist ein weiteres positives Signal dahingehend, dass der Güterbeförderer nicht für jeden Schaden, der während des Transportes passiert, herangezogen werden kann. Weiters zeigt diese Entscheidung, dass die Bestimmungen der CMR den Frachtführer angemessen schützen und die österreichischen Gerichte durchaus praxisnahe Entscheidungen treff en. Die gegenständliche Entscheidung ist im Rechtsinformationssystem unter 7 Ob 102/13w abrufbar. Gerne übermitteln wir Ihnen über Anfrage diese Entscheidung.


    Erschienen im Stragü 09/2013

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