Behördliche Kontrollen

Inhalt

    Im Zuge von behördlichen Anhaltungen und Kontrollen werden immer wieder Frachtgüter von Exekutivorganen untersucht und Verpackungen geöffnet. Welche Pflichten treffen dabei den Frachtführer, um eine Haftung gegenüber dem Auftraggeber zu vermeiden?

    Der Frachtführer haftet für Schäden und Verluste zwischen Übernahme und Ablieferung des Frachtgutes. Bei Transporten aus Drittstaaten in die EU und umgekehrt kommt es zu Kontrollen durch Zollbedienstete. Aber auch bei internationalen und nationalen Transporten kann es jederzeit zu behördlichen Anhaltungen und Kontrollen kommen. Immer wieder kommt es vor, dass dabei Verpackungen geöffnet und Ladungssicherungsmittel entfernt bzw. gelockert werden. Bei temperaturgeführten Transporten bleiben während der Untersuchung die Türen länger geöffnet, sodass die vorgeschriebene Transporttemperatur nicht mehr eingehalten werden kann. Der Frachtführer bzw. Lkw-Fahrer kann in die Art und Weise der behördlichen Überprüfung meist nicht wirksam eingreifen. Es stellt sich nun die Frage, ob bzw. unter welchen Bedingungen der Frachtführer für daraus entstehende Schäden gegenüber seinem Vertragspartner dennoch haftet.

    HAFTUNGSBEFREIUNG BEI EINGRIFF?

    Der Frachtführer ist von seiner Haftung nach den Bestimmungen der CMR befreit, wenn er beweisen kann, dass der Schaden auch bei Anwendung der äußersten und zumutbaren Sorgfalt nicht hätte vermieden werden können (Art. 17 Abs. 2 CMR). In einem deutschen CMR-Prozess lag kürzlich folgender Sachverhalt zugrunde (siehe Recht der Transportwirtschaft, Heft 10, Seite 376): es entstand ein Schaden am Frachtgut, da im Zuge einer Zollkontrolle durch die russischen Zollbehörden die Verpackung des Frachtguts geöffnet und der Kistendeckel vom Zoll nicht wieder fachgerecht aufgenagelt wurde. Die Stabilität der Seitenwände hing entscheidend davon ab, dass die durch den Deckel geschlagenen Nägel in die Seitenwände eingetrieben wurden, um eine feste Verbindung zwischen Wänden und Decke herzustellen. Nach der Öffnung durch den Zoll bestand eine solche feste Verbindung zur jeweiligen Seitenwand nicht mehr, sodass keine transportgerechte Verpackung mehr vorlag und dadurch der Schaden eintrat. Das Gericht ist zum Ergebnis gekommen, dass es dem Frachtführer zwar nicht zuzurechnen ist, dass die russischen Zollbehörden die Transportkiste nicht wieder ordnungsgemäß verschlossen haben. Die Zollbeamten sind nämlich keine Erfüllungsgehilfen eines Frachtführers. Im Übrigen hätte der Fahrer gar keinen Einfluss darauf gehabt, wie die Zollbeamten die Kistendeckel wieder
    anbrachten. Der Fahrer wäre aber verpflichtet gewesen, eine sorgfältige Kontrolle dahingehend durchzuführen, ob die Kisten wieder fest verschlossen sind. Diese Pflicht ist auf alle vergleichbaren Sachverhalte umzulegen.

    KONTROLLPFLICHT DES FAHRERS

    Der Frachtführer haftet für die Handlungen und Unterlassungen seiner Lkw-Fahrer (auch Subfrachtführer) gemäß Art. 3 CMR. Wenn im Zuge von behördlichen Anhaltungen Manipulationen am Frachtgut bzw. an der Verpackung oder Ladungssicherung vorgenommen werden, muss der Fahrer im Rahmen seiner Sorgfaltspflicht sicherstellen, dass die Fahrt erst dann wieder angetreten wird, wenn eine transportsichere Weiterfahrt gewährleistet ist. Im Zweifel muss er beim zuständigen Disponenten Weisungen einholen.

    Der Frachtführer kann in bestimmten Fällen sogar dazu verpflichtet sein, mit dem Vertragspartner Kontakt aufzunehmen und allenfalls eine Wiederverpackung zu veranlassen. Wichtig ist, dass im Vorfeld Weisungen beim Vertragspartner eingeholt werden, um die Kostenfrage für eine allenfalls erforderliche Wiederverpackung zu klären. Ist eine derartige Möglichkeit (Kontaktaufnahme mit dem Vertragspartner, aus welchen Gründen auch immer) nicht gegeben, müssten diese Maßnahmen (Wiederherstellung einer transportsicheren Verpackung, etc.) jedenfalls vor Antritt der Fahrt vom Frachtführer selbst vorgenommen
    werden. In derartigen Fällen sollte, wenn möglich, zumindest die Zustimmung des Versicherers eingeholt
    werden. Wenn im Zuge von temperaturgeführten Transporten der Laderaum geöffnet und dadurch die Einhaltung der vorgegebenen Transporttemperatur nicht mehr gewährleistet ist, muss eine entsprechende Anmerkung auf dem Frachtbrief erfolgen und falls möglich eine Bestätigung durch die Behörde, vor Verlassen der Kontrollstelle, angefordert werden.

    BESTÄTIGUNG EINHOLEN!

    Eine derartige Bestätigung über die Öffnung des Laderaums bzw. über die Durchführung der Kontrolle erhält man im Regelfall, wenn der Fahrer unverzüglich an Ort und Stelle dies verlangt. Viel zu oft sind die Fahrer aber über die Notwendigkeit einer derartigen Bestätigung nicht informiert und verlassen einfach die Kontrollstelle ohne Bestätigung. Da ein Haftungsausschluss gemäß Art. 17 Abs. 2 CMR nur dann erreicht werden kann, wenn der Frachtführer beweist, dass der Schaden für ihn nicht abwendbar war, wird
    in einem allfälligen Gerichtsverfahren jedes Beweisstück benötigt. Eine Bestätigung über die durchgeführte Kontrolle bzw. über die Öffnung des Laderaums durch Exekutivorgane konnte in vielen Fällen die Abwehr eines Schadenersatzanspruches erleichtern.


    Erschienen im Stragü 11/2015

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