Vorsicht – Neutralisierungsfalle!
Jedes Unternehmen hat grundsätzlich ein Interesse daran, seinen Kundenstamm vor Konkurrenten zu schützen. Weil gerade im Frachtgeschäft sowohl der Lieferant als auch der Endabnehmer nichts voneinander wissen sollen, ist es üblich, den Frachtführer zur Neutralisierung von Begleitpapieren, wie insbesondere CMR-Frachtbriefen, zu verpflichten.
Werden diese Dokumente im internationalen Straßengüterverkehr eingesetzt, stellt sich die Frage, ob die Verwendung neutraler Frachtbriefe mit den zwingenden Bestimmungen der CMR konform geht. Immerhin haftet der Absender (im Frachtrecht ist dies immer der Vertragspartner des Frachtführers) für alle Kosten und Schäden, die dem Frachtführer dadurch entstehen, dass die Angaben im Frachtbrief unrichtig oder unvollständig sind, was gerade bei der Neutralisierung dieser zwingenden Angaben in den Transportpapieren der Fall ist. Dennoch ist die Ausstellung neutraler Frachtbriefe nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes grundsätzlich zulässig (vgl OGH vom 29.01.2014, 7 Ob 219/13a), weil der Frachtführer nach den Vorschriften der CMR keinen Anspruch darauf hat, dass die Dokumente vom Absender ausgefüllt werden. Dieser ist vielmehr nur dazu verpflichtet, dem Frachtführer sämtliche relevanten Informationen, die dieser zum Ausfüllen der betroffenen Dokumente benötigt, korrekt zu erteilen. Die Neutralisierung läuft daher, soweit der Frachtvertrag österreichischem Recht unterliegt, prinzipiell nicht der CMR zuwider.
Zu beachten ist, dass die Zulässigkeit neutraler Frachtbriefe nur die zivilrechtliche Komponente betrifft. Da verwaltungsrechtlichen Vorschriften eine Neutralisierung nicht kennen und etwa § 17 Güterbeförderungsgesetz festlegt, dass bei jeder gewerbsmäßigen Beförderung von Gütern, Belege mitzuführen sind, aus denen das beförderte Gut, der Be- und Entladeort und der Auftraggeber ersichtlich sind, muss bei Transporten jedenfalls ein Beleg mitgeführt werden, der die tatsächlichen Verhältnisse widerspiegelt. Ist dies nur ein neutralisierter Frachtbrief besteht daher ein großes Risiko, dass eine Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes festgestellt und ein Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet wird.
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